Xuli
Jana Federov über Kalligraphie, Hip-Hop und ihr Umfeld
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Jana Federov über Kalligraphie, Hip-Hop und ihr Umfeld
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Jana Federov über Kalligraphie, Hip-Hop und ihr Umfeld
FLASHBACK ZUM 04.04.2019
»16 Uhr wär besser. Habe noch ne Abgabe heute, die sich hinzieht!«
Diese Whatsapp-Nachricht erhielten wir von unserer Interviewpartnerin auf dem Weg Richtung Hamburger Hauptbahnhof. Somit verschob sich das Interview um eine halbe Stunde, was uns ermöglichte, noch einen Kaffee zu kaufen und ein wenig über die Hamburger Schanze zu schlendern.
Pünktlich um 16 Uhr wurde uns dann von Jana Federov, welche unter ihrem Künstlernamen Xuli bekannt ist, herzlichst die Wohnungstür eines Apartments in Hamburg-Eimsbüttel geöffnet. Neben Janas sympathischem Eindruck ließ sie sich einen leichten Stress anmerken.
Den Grund dafür ließ sie uns auch direkt wissen: Sie musste noch das Artwork´für das bald erscheinende Album von Musiker Joey Bargeld fertigstellen. Die eigens bemalten Wände und die eingerahmten Artworks gaben schnell Aufschluss darüber, dass hier offensichtlich eine Künstlerin mit Fokus auf Typografie und Kalligrafie wohnt. Neben dem künstlerischen Touch ihres Apartments war auch das kreative Chaos nicht zu übersehen. Auf dem Boden stapelten sich Umzugskartons und Verpackungsmaterial, eigens designte Klamotten und Malutensilien.
Wir als Studenten konnten ihr diese leichte Unordnung aber keineswegs übel nehmen und haben uns dadurch sogar noch heimischer gefühlt.
»In drei Wochen ziehe ich nach Berlin.«, erklärt uns Jana euphorisch. Bevor wir ihr ein paar Fragen zu Inspirationen, Projektarbeiten und Zukunftsplänen stellen, hier vorweg ein paar Informationen zu Janas bisheriger Laufbahn:
Jana Federov ist Kalligrafin, Grafikdesignerin, Musikliebhaberin und Hamburger Perle. Sie stammt gebürtig aus Kasachstan. Mit sechs Jahren ist sie mit ihrer Familie als Spätaussiedlerin nach Deutschland ausgewandert. Ihre Jugend hat sie in München verbracht und absolvierte dort ihr Fachabitur mit dem Schwerpunkt Kunst. Danach hat es Jana durch ihr Studium in Kommunikationsdesign nach Hamburg verschlagen. Hier wohnt sie bereits seit zehn Jahren.
Jana hat sich schon immer für Typografie interessiert. Durch einen Kalligrafiekurs im Studium hat sie ihre Liebe in dieser Disziplin entdeckt.
Ihren kryptischen und mystischen Kalligrafiestil wussten bis dato bereits einige nationale und internationale Größen aus den Bereichen Musik, Mode und Essen zu schätzen. Just to name a few: Adidas Originals, Lufthansa, Splash! Festival, chefkoch.de.
Janas künstlerisches Repertoire ist breit gefächert und beinhaltet neben der Entwicklung von Schriftschnitten und Corporate Designs auch Graffiti und das Malen von Murals. Auch im Bereich der Mode hat sie bereits ihre Fußstapfen hinterlassen. In Los Angeles durfte Jana in Zusammenarbeit mit dem Modelabel Delikt custom-made Lederjacken und Jutebeutel entwerfen. Bei dieser Arbeit ist auch eine eigens designte Lederjacke für Star-DJ Steve Aoki entstanden.
Jana ist außerdem begeisterter Hip-Hop-Fan. Früher waren es Lyrics von 2Pac, die Xuli inspiriert haben.
Heute besteht ihr Freundeskreis hauptsächlich aus Kunstschaffenden.
Aus ihrer Liebe zur Musik hat sie 2018 zusammen mit ihrer guten Freundin Carina, aka DJ Cri$py C, den Chains Club ins Leben gerufen.
Gemeinsam organisieren und kuratieren die Beiden die Events. Den DJ-Part übernimmt Carina. Das musikalische Spektrum der Chains Club-Events zieht sich von internationalem Rap und Dancehall bis hin zu Baile Funk und Metal. Ursprungsgedanke des Chains Club war es, Musikern, Grafikdesignern, Künstlern, DJs und Produzenten eine Plattform zu geben. Darüber hinaus wollten die beiden sich bewusst vom Sexismus und Rassismus im Hamburger Nachtleben differenzieren. 2019 bekommt man den Chains Club unter anderem auf Deutschlands größtem Hip-Hop-Festival, dem Splash! Festival, zu hören und zu sehen.
Nach deinem Studium hast du für die Agentur No Agency in Hamburg gearbeitet. Was war das für eine Erfahrung? Magst du den Agentur-Alltag oder arbeitest du lieber selbstständig?
Ehrlich gesagt, habe ich für die Agentur nicht fest gearbeitet, sondern nur zwei- bis dreimal die Woche als Freelance-Artist. Ich kannte die Mädels schon vorher als AFC Crew (weibliche Graffiti-Crew aus Hamburg). Die Arbeit beruhte deswegen eher auf einem freundschaftlichen Verhältnis. Es war also kein Arbeitsverhältnis im herkömmlichen Sinne. Um ehrlich zu sein, war ich noch nie irgendwo fest angestellt. Ich weiß nicht, ob das gut ist oder nicht [lacht].
Wie unschwer zu erkennen ist, hast du einen Faible für Hip-Hop. Gab es noch andere Musikrichtungen, die dich inspiriert haben?
Früher hatte ich unter anderem mal eine Punk-Rock-Phase. Dort habe ich zum Beispiel Slipknot und Marilyn Manson gehört. Ich denke, diese Phase spiegelt sich auch noch bis heute in meiner Kunst wieder. Mein größter Traum ist es, irgendwann mal auf’s Wacken zu gehen. Mit Carina habe ich auch schon fantasiert, als Chains Club auf dem Wacken eine Metal-Bühne zu hosten. Es gibt ja auch mittlerweile schon genreübergreifende Musikrichtungen aus Hip-Hop und Metal, die unter anderem von den $uicideboy$ verkörpert werden. Das feier‘ ich auch!
Was war der Auftrag, mit dem du dein erstes Geld verdient hast?
Ich glaube, das müsste Delikt gewesen sein. Ich habe mich damals gefragt, wie die auf mich aufmerksam geworden sind, weil ich noch kein Portfolio online hatte zu dem Zeitpunkt. Delikt ist auch ein Langzeitkunde von mir, mit dem ich bis heute noch Projekte mache. Mojo (ein Urban-Lifestyle-Label aus Hamburg) müsste damals auch mit zu meinen ersten Kunden gezählt haben.
Wie sieht dein Workflow aus?
Das ist immer ganz abhängig vom Kunden. Wenn ich etwas im Bereich Musik mache, höre ich mir selbstverständlich erstmal die Musik an, um den Mood zu catchen. Bei anderen Kunden mache ich mir erstmal ein genaues Bild und schaue, welche Ansprüche der jeweilige Kunde hat. Anschließend fange ich dann an zu sketchen und zu illustrieren.
Du warst auch mit den 102 Boyz (eine aufstrebende Rap-Gruppe aus Ostfriesland) auf Deutschland-Tour und warst für den Verkauf des Merchandise verantwortlich. Was war das für eine Erfahrung?
Das war auf jeden Fall ein krasser Trip [lacht]. Das war echt verrückt. Ich hab so eine Tour auch noch nie mitgemacht. Die Konzerte waren wie Punk-Konzerte. Von einem Balken, der drei Meter über dem Publikum geschwebt hat, ist einer der Jungs bei einem Tourstopp in die Menge gesprungen. Die Jungs sind auf jeden Fall wild drauf. Die Routine war: Neun Uhr aufstehen, im Tourbus zur nächsten Stadt, Soundcheck und dann wieder Abriss beim Konzert. Ich dachte, ich könnte auch noch ein bisschen arbeiten während der Tour, aber im Endeffekt konnte ich nur eine einzige Mail verschicken.
Was für Projekte stehen 2019 an?
Ende April geht’s auf eine kleine Insel in Norwegen für drei Tage. Der Atlantikwall, eine Verteidigungslinie, die im zweiten Weltkrieg von den Nazis gebaut wurde, soll, um die Negativität dieser Bunker zu überspielen, mit Kunst versehen werden. Ein ganzer Häuserblock in Köln wird auch bald von mir und zwei anderen Künstlern bemalt.
Ansonsten werden wir sehen, was in Berlin so alles passiert. Wir haben auf jeden Fall tausend Pläne. Ich glaube, der Sommer wird total krank.
Siehst du dich in Zukunft eher in Richtung Musik oder in Richtung Kunst?
Mein Schaffen in der Musik und in der Kunst hängt ja sehr zusammen. Mittlerweile wächst es sogar noch mehr zusammen und entfaltet sich genau in die Richtung, die ich so gerne mag.
Zurzeit arbeite ich daran in Richtung Tattoo zu gehen.
Weitere Infos zu Xuli: